Festbrennweite vs. Zooms @ 50mm Brennweite
 

Warum dieser "Test"?

Ich besitze zwei Zooms im Standardbrennweitenbereich, von denen ich eines sicher und evtl. sogar beide verkaufen möchte. Ich wollte wissen, wie sie sich an meiner 10D schlagen.
Des weiteren hat mich die Performance des 50/1,8 Mk II Objektivs interessiert. Man liest und hört ja so allerhand, und ich wollte einfach mal wissen, wie gut meines abschneidet. Insbesondere hat mich dabei der Bereich unter Blende 2,8 interessiert, da dies für mich der Hauptkaufgrund für dieses Objektiv war.

Testmethoden:

Als Motiv wollte ich einen Gegenstand wählen, der mir feine Details liefert und der jederzeit wieder verfügbar ist, um gegebenenfalls im Nachhinein noch weitere Aufnahmen zum Vergleich machen zu können. Auch für den Leser mag es von Vorteil sein, wenn ein Motiv fotografiert wurde, das ihm bekannt ist. Aus diesem Grund wurde ein 5 Euro Schein gewählt.

Der Schein füllt das rechte obere Viertel des Motivs, der gewählte Ausschnitt aus dem Omega liegt also in etwa in der Bildmitte.

Fotografiert wurde im Zimmer mit der EOS 10D vom Stativ (Manfrotto 055CLB) aus mit Zeitautomatik und Selbstauslöser + Spiegelvorauslösung + Einbaublitz. Die Blitzsynchronisationszeit war fest auf 1/200s eingestellt. Bei den Parametern steht Schärfe und Farbsättigung jeweils auf +1.

Bei Offenblende wurde mehrere Aufnahmen gemacht, um den Einfluss der Fokussierung erkennen zu können, mit der letzten Einstellung wurde dann auf manuell umgestellt und diese Einstellung dann für alle Blenden beibehalten. Die Blenden wurde im Anfangsbereich langsam in 1/3 Schritten erhöht, im mittleren Blendenbereich sind die unterschiede eh so gering, dass mir das den Aufwand nicht wert war. Eine Aufnahme wurde noch bei kleinstmöglicher Blende gemacht.

Alle Testbilder wurden in Photoshop unscharf maskiert (100%, Radius 0,6, Schwellenwert 6), da dies meine übliche Vorgehensweise bei normalen Aufnahmen ist. Die Testbilder wurden als jpg in Stufe 11 komprimiert, dabei sollten sich die Artefakte in Grenzen halten bei noch akzeptablen Dateigrößen. Die gezeigten Bilder sind 100% Ausschnitte in etwa aus der Bildmitte. Die Ränder sind bei Offenblende teilweise geringfügig unschärfer, die Unterschiede sind bei den hier getesteten Objektiven bei 50mm allerdings in der Praxis irrelevant.

 

Fehlerquellen:

Wie man unten gezeigten Bilderserien leicht erkennen kann ist die Fokussierung alles andere als absolut exakt und zuverlässig.

Aus diesem Grunde ist nicht immer die Optik der limitierende Faktor sondern vor allem bei sehr großen Blenden eine ungenaue Fokussierung.
Es wurde stets die letzte Einstellung für die weiteren Tests verwendet, obwohl sich dies im Nachhinein nicht als die beste Einstellung herausgestellt hat. Dass manuelles Fokussieren auch nicht unbedingt der Weisheit letzte Schluss ist zeigen die beiden letzten Bilder des 50/1,8 bei 1,8. Diese wurden mit manueller Fokussierung erstellt, das erste (also das 4. der Reihe) relativ schnell, das letzte so exakt, wie es mir möglich war.

Die Aufnahmen des 5 Euro Scheins wurden bei recht geringem Abstand zum Motiv gemacht, sie zeigen daher das Verhalten der Optik im Nahbereich. Beim 28-105 3,5-4,5 USM war der Abbildungsmaßstab leider geringfügig kleiner.

 

Fokussiergenauigkeit bei Offenblende:

EF 50/1,8 Mk II @ 1,8
Tamron 28-75 @ 2,8    
EF 28-105 3,5-4,5 @ 4,0    

 

 

Ergebnisse:

 

  EF 50 / 1,8 Mk II Tamron 28-75 / 2,8 @ 50mm EF 28-105 3,5-4,5 II @ 50mm
Blende 1,8    
Blende 2,0    
Blende 2,2    
Blende 2,5    
Blende 2,8  
Blende 3,2    
Blende 3,5    
Blende 4,0
Blende 4,5    
Blende 5,0    
Blende 8
Blende 22 / 32 / 25

Fazit 1:

Bei Blenden größer als 2,8 ist das 50/1,8 konkurrenzlos. Die Bildqualität ist nicht sonderlich berauschend, aber halbwegs passabel. Von Blende 2,0 auf 2,2 ist ein kleiner Sprung in der Bildqualität, vor allem beim (hier nicht gezeigten) Randbereich.
Sehr entscheiden ist allerdings eine exakte Fokussierung. Hier ist der Autofokus der EOS 10D leider überfordert, so dass man am besten mehrere Aufnahmen schießen sollte, um dann eine gute Aufnahme zu erhalten. Bei schlechten Lichtverhältnissen ist mir exaktes manuelles Fokussieren mit der Kombination 10D + 50/1,8 II ebenfalls nicht möglich.

Bei Blende 2,8 offenbart sich zumindest für mich die große Überraschung des Vergleichs. das Tamron Zoom ist deutlich besser als die Festbrennweite. Zumindest ist das bei meinen Objektiven der Fall. Die Leistung des Tamron 28-75/2,8 kann man bezüglich der Schärfe zumindest bei 50mm nur als exzellent bezeichnen. Noch dazu für den Preis.

Bei Blende 4 ist die Qualität von Festbrennweite und Tamron sehr gut, das Canon Zoom ist recht dürftig, allerdings auch etwas bedingt durch eine unsaubere Fokussierung.

Bei Blende 8 sind alle Objektive sehr gut, das Canon Zoom ist etwas schlechter.

Bei den kleinsten Blenden erhält man Beugungsunschärfen, was nicht auf Fehler der Optiken zurückzuführen ist, sondern auf die Gesetze der Physik.

Wer sich eine 50mm Festbrennweite besorgen will, um optimale Schärfe zu erhalten kann sich den Kauf sparen. Das Objektiv hat seinen Einsatzbereich, wenn man eine Lichtstärke größer als 2,8 will bzw. nur ein billiges, leichtes Standardobjektiv benötigt. Bezüglich des Auflösungsvermögens schlägt das Tamron Zoom die 50mm Festbrennweite bei Blendenbereichen um 2,8-4 und ist ihm darüber hinaus ebenbürtig.

Ein Zoom der "Amateur-Mittelklasse" wie das EF 28-105 3,5-4,5 USM II kann die Leistung des 10D Sensors erst abgeblendet ausnützen. Bei Offenblende ist die Qualität bestenfalls mittelmäßig. Dies deckt sich mit meinen Erfahrungen mit diesem Objektiv an einer analogen EOS 50E und Diafilm.

Diese Aussagen beziehen sich auf meine Objektive. Aufgrund der Serienstreuung können anderen Optiken andere Ergebnisse liefern.

 

Teil 2 : Fernbereich

Folgendes Motiv wurde vom Stativ aus mit Selbstauslöser und Spiegelvorauslösung fotografiert:

Scharfgestellt wurde auf den mittleren Bereich (helles Quadrat), wobei auch der Baum am Bildrand in etwa in gleicher Entfernung und somit stets innerhalb der Schärfentiefe sein sollte. Das Bild zeigt die verkleinerte Aufnahme mit dem 50/1,8 bei Blende 1,8, nachgeschärft und mit relativ starker jpg Kompression. Die beiden helleren Quadrate zeigen die Stellen, von denen Ausschnitte zu sehen sind.
Aufgenommen wurden die Bilder um ca. 9.00 morgens mit der Sonne im Rücken, es war noch recht kalt. Die Entfernung zum Motiv dürfte bei rund 200m gelegen haben. Die Verschlusszeiten lagen zwischen 1/4000s und 1/50s. Es war praktisch windstill.

Probeweise wurden je drei Aufnahmen bei offener Blende gemacht, doch eine Abweichung bzgl. der Schärfe konnte nicht festgestellt werden.

Dummerweise ist mir mit dem Tamron Objektiv ein Fehler unterlaufen und die Bilder wurden mit 48mm Brennweite aufgenommen. (laut EXIF-Dateien). Man sieht das daran, dass die Ausschnitte mit dem Tamron ein bisschen mehr zeigen.

 

Ergebnisse aus der Mitte:

 

  EF 50 / 1,8 Mk II Tamron 28-75 / 2,8 @ 50mm EF 28-105 3,5-4,5 II @ 50mm
Blende 1,8    
Blende 2,0    
Blende 2,2    
Blende 2,5    
Blende 2,8  
Blende 3,2    
Blende 3,5    
Blende 4,0
Blende 4,5    
Blende 5,0    
Blende 5,6
Blende 8
Blende 16

 

 

Ergebnisse vom Rand:

 

  EF 50 / 1,8 Mk II Tamron 28-75 / 2,8 @ 50mm EF 28-105 3,5-4,5 II @ 50mm
Blende 1,8    
Blende 2,0    
Blende 2,2    
Blende 2,5    
Blende 2,8  
Blende 3,2    
Blende 3,5    
Blende 4,0
Blende 4,5    
Blende 5,0    
Blende 5,6
Blende 8
Blende 16

 

Fazit Nr. 2:

Der erste Teil des Tests hat einige Fragen aufgeworfen. Wie kann das sein, dass ein Zoom besser ist als eine abgeblendet Festbrennweite. Keine Ahnung, vielleicht ist mein 50er schlechter als andere, vielleicht ist mein Tamron Zoom besser als andere, vielleicht ist es aber auch tatsächlich so.
Natürlich bekommen ich mit dem 50/1,8 bei Blende 1,8 scharfe Bilder, man schau sich das ganz oben an, das ist auf alle Fälle "scharf genug" für's Internet und das obwohl es vor feinsten Details nur so strotzt. Mit etwas Tonwertkorrektur, stärkerem unscharf maskieren und geringerer Kompression wäre das Ergebnis sicherlich noch deutlich zu verbessern.
Auf alle Fälle kann man mit dem 50er bei Blende 1,8 fotografieren und ansehnliche Ergebnisse bekommen, auch mit meinem.

Der Test hingegen ist darauf ausgelegt, das Auflösungsvermögen von feinsten Strukturen darzustellen.

die 100 Pixel x 100 Pixel ausschnitte sind auf meinen 14" Notebook TFT ca. 3cm x 3cm groß, bei dieser Vergrößerung hätte das ganze Bild dann rund 90x60cm! Das sollte man bedenken. Um einen realistischeren Eindruck vom Endergebnis zu bekommen ist die 50% oder 33% Ansicht meist besser geeignet und dabei werden aus den "völlig unscharfen" Bildern recht schnell ganz passable Ergebnisse.

So, wie schlagen sich die Objektive nun im Fern- und Randbereich ?

Unter Blende 2,8 haben wir nur das 50/1,8 und es liefert sowohl im Rand- als auch im mittleren Bildbereich zwar passable Ergebnisse aber keine besonders guten. Das kann man drehen und wenden wie man will. Man kann diese Blenden durchaus benützen (bei wenig Licht und für das bewusste Spiel mit geringer Tiefenschärfe) aber für wirklich scharfe Resultate muss abgeblendet werden.

Bei Blende 2,8 ist mein Tamron Zoom in der Bildmitte genauso gut wie das 50/1,8 bei derselben Blende. Man kann das drehen und wenden wie man will, es ist nun einmal so. Am Bildrand hingegen ist das 50/1,8 schärfer.

Bei den höheren Blenden hat das 50/1,8 in der Bildmitte einen geringen Vorsprung gegenüber dem Tamron, am Bildrand sind die Unterschiede etwas deutlicher. Da sind also endlich die Ergebnisse, die erwartet wurden. Insgesamt bewegt man sich aber sowieso auf sehr hohem Niveau, die Unterschiede sind in der Praxis wohl kaum relevant.

Mein Canon 28-105 3,5-4,5 hängt deutlich hinterher, bei Blende 8 oder 16 sind die Unterschiede zwar gering aber doch noch sichtbar. Das Objektiv kann eindeutig das Potential des Sensors nicht ausnützen. Erstaunlich, denn es handelt sich dabei keineswegs um ein Spott-Billig-Teil.

PS: Weil es gefragt wurde: Mein Tamron ist "Made in Japan" und die Seriennummer beginnt mit 020...

 

Falls ich mal Lust und Zeit habe werde ich noch einige weitere Aufnahmen hinzufügen.

Anmerkungen, Feedback & Kritik bitte an mail@drosophyllum.com

Triesdorf, den 16.04.2004

Martin