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KARNIVOREN FÜR ANFÄNGER

"Hilfe! Können die mich beißen?"

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Ein kleines Vorwort.

Sumpfkrug (Heliamphora minor)

Vor vielen, vielen Jahren ;o) kaufte ich mir meine erste Venusfliegenfalle. Ich fütterte sie kräftig, hegte und pflegte sie und nach ein paar Monaten war sie hinüber. Auch Nummer Zwo hatte kein sonderlich langes Leben und der kleinen Sammlung, die ich mir ein paar Jahre später gegönnt hatte war ebenfalls ein erbärmliches und kurzes Dasein beschieden.
Nun, fleischfressende Pflanzen sind also sehr schwierig zu züchten und beim Kauf von vornherein zum Tode verurteilt. So dachte ich damals und es dauerte ein paar Jahre, bis ich einen neuen Versuch mit drei Pflänzchen machte. Dieses mal hatte ich mir noch ein kleines Buch mit Kulturtipps dazugekauft.

Aus diesen drei Pflänzchen sind mittlerweile ein paar hundert geworden.

 

Was zum Teufel sind eigentlich fleischfressende Pflanzen?

Regenbogenpflanze (Byblis filifolia)

Zuerst einmal sind es ganz stinknormale Pflanzen. Sie haben grüne Blätter mit Chlorophyll und beschäftigen sich den lieben langen Tag damit aus Sonnenlicht Kohlenhydrate und Stärke zu produzieren. Eben das, was andere "normale" Pflanzen auch tun. Gelegentlich gelüstet es sie nach Fortpflanzung und zu diesem Zweck macht man das, was halt so üblich ist... man bildet Blüten... dann kommen die Bienen... und den Rest kennt man ja.
Also warum Fleisch fressen ? Aus "Hunger" ? Nein, Energie besitzen die fleischfressenden Pflanzen genug, schließlich "ernähren" sie sich ja von Sonnenlicht, aber... neben Luft (v.a. Kohlendioxid und Sauerstoff), Licht und Wasser brauchen Pflanzen noch weitere Stoffe, die sie gewöhnlich im Boden finden, wie beispielsweise Kalium, Phosphor und Stickstoff. Das ist auch das, was man im Gemüsegarten als Dünger ausstreut.
Fleischfressende Pflanzen wachsen an (für Pflanzen) meist sehr ungünstigen Orten, z.B. auf den Tafelbergen Venezuelas, in sauren Sümpfen in Deutschland und ähnlich kargen Gebieten, die eines gemeinsam haben: Gewöhnliche Pflanzen haben dort große Probleme, denn der Boden ist extrem nährstoffarm und da dort eben niemand vorbeiläuft und Düngemittel verteilt musste man sich was anderes einfallen lassen.
Und da fiel das Auge der Evolution auf die Insekten. Kleine fliegende und krabbelnde "Düngetabletten" voller Eiweiß, aus dem sich hervorragend der Stickstoff verwerten ließe. Man musste die Viecher nur irgendwie erwischen...

Und genau dies ist der Grund, warum diese Pflanzen "Fleisch" fressen. Wobei es sich bei der Beute fast ausschließlich um Insekten handelt, daher auch der Name Insektivoren. Diese Pflanzen sind also eigentlich ganz gewöhnliche Pflanzen, die Tiere hauptsächlich fangen, um mehr Stickstoff zum Wachsen zu bekommen. Daher wird auch keine fleischfressende Pflanze verhungern, wenn sie eine zeitlang keine Nahrung bekommt, sie wächst dann nur möglicherweise etwas schwächer.

 

Wie gefährlich sind fleischfressende Pflanzen?

Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula)

Das eigene Kind von der Venusfliegenfalle gefressen, die vermisste Oma halbverdaut in der Kannenpflanze, und man selbst am Sonnentau festgeklebt nur knapp dem Tode entronnen...
Keine Angst, eine fleischfressende Pflanze ist für Menschen in etwa so gefährlich wie eine Radieschen. Die Venusfliegenfalle klappt natürlich zu, wenn man den Finger hineinsteckt und sie reizt, doch ist dies völlig harmlos, die "Stacheln" sind viel zu weich. Das einzige was zerstört wird ist vermutlich die Falle. Auch das "ätzende, saure" Verdauungssekret ist harmlos, wobei ich zugeben muss, dass ich nicht weiß, was passiert, wenn man 20 Falleninhalte nacheinander austrinkt. Ich weiß allerdings, dass die sterile Flüssigkeit in neuen, noch geschlossenen Kannen von den Indianern zum Auswaschen von entzündeten Augen benutzt wurde. Auch die Klebefallen werden Menschen in etwa genauso gefährlich wie ein Spinnennetz. Und das Sekret auf der Haut fühlt sich einfach etwas klebrig an... das war's auch schon. Auch vor den Verdauungssäften geht keinerlei Gefahr aus. Wer hält schon seinen Finger 20 Stunden lang an ein Sonnentaublatt? Und was Säuren angeht... schon mal einen mit Essig angemachten Salat gegessen? Oder eine Orange? Eine Cola mit Kohlensäure getrunken? Na also! Ich schließe nicht aus, dass es Leute gibt, die in irgendeiner Art und Weise allergisch dagegen sind, doch genauso geht es anderen mit Gummibäumen und möglicherweise sollte man auch die Pflanzen nicht in großen Mengen verzehren, doch das sollte man mit Tomaten- oder Kirschbaumblättern auch nicht machen.
Niemand muss also Angst davor haben, seinen Pflanzen als Abendbrot zu dienen, die Pflanzen sind für Menschen absolut harmlos!

 

Also gut, ich will auch eine!

So, neugierig geworden? Lust auf die Killerblumen bekommen?
Zuerst einmal muss man sich so ein Pflänzchen beschaffen. Die Dinger gibt's mittlerweile recht häufig in großen Gartencentern und natürlich auch bei OBI, am besten schaut man im Frühjahr oder Sommeranfang vorbei, weil da die Pflanzen meist frisch kommen. Ein paar Monate in einem dunklen Baumarkteck sind nämlich die reinste Pflanzenhölle, über kurz oder lang gehen die Karnivoren dort ein. Natürlich bekommt man sie auch im Internet oder bei Spezialgärtnereien. Man sollte allerdings wissen, was man kauft, denn nicht alle Pflanzen sind für den Anfang gleich gut geeignet.

Wasserschlauch (Utricularia quelchii)

Es sollten also Pflanzen gewählt werden, die auch eine entsprechende Überlebenschance haben. Denn die Ansprüche der Pflanzen sind so unterschiedlich wie ihre auf fünf verschiedenen Kontinenten verstreuten Herkunftsorte. Manche kommen aus dampfenden Dschungeln Afrikas , manche von sturm- und regengepeitschten Felsen hoch über den südamerikanischen Regenwäldern, andere aus den kühlen Sümpfen Europas, wieder andere leben unter brennender Sonne Australiens.
Nur eines sollte einem klar sein. Insektivoren sind "wilde" Pflanzen und keine Züchtungen für unsere trockenen, heißen und dunklen Wohnungen. Dennoch kann man erstaunlich viele davon relativ leicht auf dem Fensterbrett halten... Man muss nur wissen wie!

 

Die wichtigsten Grundsätze

Kannenpflanze (Nepenthes hamata)

Die Pflanzen brauchen Licht. Viel Licht! Und die meisten davon sogar sehr viel Licht! Ein "helles" Eck im Zimmer, wo der Gummibaum jahrelang gewachsen ist, ist mit Sicherheit zu dunkel. Direkt auf dem Fensterbrett eines hellen Ost- Süd- oder Westfensters wachsen aber schon ziemlich viele Arten.
Nur ganz wenige Karnivoren vertragen Kalk im Wasser, sagen wir der Einfachheit halber KALK IST ABSOLUT TÖDLICH. Dies ist Todesursache Nummer 1 bei den "Unwissenden", so wie bei mir vermutlich auch vor einigen Jahren. Kalk ist im Leitungswasser, je "härter" das Wasser, desto mehr Kalk, vereinfacht gesagt. Wer sehr weiches Wasser hat, kann es damit ja mal probieren, alle anderen müssen die Finger davon lassen! Ich verwende zum Gießen Regenwasser, einfach so, wie es vom Dach kommt, wobei ich sagen muss, dass ich auf dem Land lebe. Wer wenige Pflanzen hat, kann auch destilliertes oder demineralisiertes Wasser kaufen. Wer einen Destillationstrockner besitzt kann dieses Wasser verwenden, sonst bleibt als Alternative nur, eine Umkehrosmoseanlage zu kaufen, die aus Leitungswasser fast reines Wasser macht. Die Dinger sind aber ziemlich teuer und rentieren sich nur bei vielen Pflanzen. Gekochtes oder "abgestandenes" Leitungswassers ist nicht empfehlenswert, auch chemische Entkalker helfen leider nichts, da sie das Wasser durch andere für die Pflanzen schädliche Stoffe anreichern.
Zum Thema Luftfeuchtigkeit: Kannenpflanzen (Nepenthes) mögen es, wenn man sie regelmäßig besprüht, bei den meisten anderen Karnivoren ist dies eher schädlich. Fast alle fleischfressenden Pflanzen mögen eine hohe Luftfeuchtigkeit von ca. 50-60%, etwas weniger ist meist auch noch o.k. Direkt über einer Heizung ist es allerdings in der Regel zu trocken. Man erkennt zu trockene Luft daran, dass die Klebetröpfchen des Sonnentaus (Drosera) eintrocknen. Auf alle Fälle erhöht sich die Luftfeuchtigkeit, wenn man große, wassergefüllte Untersetzer verwendet und viele Pflanzen zusammenstellt. Man kann die Pflanzen auch in ein kleines Aquarium oder Terrarium stellen, für Kannenpflanzen ist dies fast ein Muss, denn diese wollen mindestens 70% Luftfeuchtigkeit haben.
Für Anfänger gibt es eine weitere, sehr einfache Regel: Die Pflanzen NIEMALS DÜNGEN. Und auch das "Füttern" auf keinen Fall übertreiben, aber diesem Thema hab ich den nächsten Punkt gewidmet.

 

Und was gebe ich denen zum Fressen?

Schlauchpflanze (Sarracenia flava)

Eine freudige Nachricht für Faule. Garnichts, das ist nicht nötig. (es gibt Ausnahmen, aber die interessieren hier nicht). Niemand muss also Angst haben, im Winter nicht genügend Kellerasseln zu finden, denn im Substrat ist sowieso mehr als genug an Nährstoffen drin, oft viel mehr als die Pflanzen in der Natur zur Verfügung haben. Außerdem fangen die meisten Pflanzen auch im Zimmer hin und wieder eine Mücke oder Fliege.
Allerdings ist "füttern" schon interessant, dann schließlich hat man ja keine Venusfliegenfalle zuhause stehen, weil die so schön duftet, sondern man will auch mal "Aktion" sehen. Auch hier wieder eine simple Regel : Gefüttert werden lebende Insekten, kein Hamburgerfleisch, keine Eierstückchen, keine toten Wespen und Fliegen, die gerade irgendwo rumliegen. Ich sollte hinzufügen, dass Klebefallen und Fallgruben auch auf "totes" Fleisch reagieren, aber besser, man gewöhnt sich das gleich nicht an.
Außerdem sollten die Tiere nicht zu groß sein, ein Sonnentau fängt normalerweise keine Wespen sondern kleine Fliegen und Mücken, die Venusfliegenfalle bekommt idealer weise Beute, die ungefähr ein Drittel so groß ist wie die Falle. Füttert man zuviel und zu große Brocken, fängt das Zeug oftmals an zu gammeln und zu schimmeln, was erstens nicht schön ist und zweitens oft dazu führt, dass sich die Pflanze solidarisch zeigt und gleich mitverschimmelt. Also nicht übertreiben.
Und übrigens : Eine Venusfliegenfallenfalle kann höchstens siebenmal zuklappen, dann ist endgültig Schluss, bei großen Beutetieren erschöpft sich das Blatt ebenfalls und stirbt mit ab (Dies ist ganz natürlich und kein Grund zur Sorge).
Nichts desto trotz, viel Spaß beim Füttern und beim Zugucken, das ist besser als Fernsehen, nur sensible Gemüter sollten sich in Acht nehmen. ;o)

 

Welche Pflanzen sind jetzt was für mich?

Sonnentau (Drosera intermedia)

Du hast ein sonniges Fenster, am besten nicht über einer ständig eingeschalteten Heizung und weiches Wasser zum Gießen ? Gar nicht mal so schlecht. Du bist gerüstet für die Venusfliegenfalle (Dionaea muscipula), der wohl bekanntesten fleischfressenden Pflanze. Dazu passen noch ein paar subtropische Sonnentau (Drosera capensis, Drosera aliciae, Drosera spatulata). Am besten stellt man die Pflanzen in große Untersetzer, in denen man im Sommer die Pflanzen in "Anstaubewässerung" hält. Und das geht so: Gießen, bis ca. 2-3 cm Wasser im Untersetzer steht, einige Tage warten bis der Untersetzer trocken ist, noch ein oder zwei Tage warten, damit die Erde wieder etwas Luft bekommt und die Wurzeln nicht faulen und dann wieder gießen, bis erneut 2-3 cm hoch Wasser drinsteht. Das ist alles.
Umgetopft werden die "Anfänger-Fleischfresser" entweder in Karnivorenerde (gibt's manchmal im Baumarkt gleich mit dazu) oder aber in UNGEDÜNGTEN!!! (<- sehr wichtig, Inhaltsangaben genau lesen !) WeissTorf, dem man idealer weise etwas (ca. 1/4) groben Quarzsand dazumischt, der Sand ist allerdings für einfache Arten nicht unbedingt notwendig. Auf keinen Fall Blumenerde oder irgendwas anderes verwenden!
Ein Problem ist der Winter. Auf keinen Fall dürfen die Pflanzen warm und gleichzeitig dunkel stehen, und dunkel ist es dummerweise fast immer im Winter. Also ideal ist ein Platz, der im Winter zwar einigermaßen hell ist, wo die Temperatur aber bei 5-10°C liegt, leichter Frost ist harmlos und auch eine etwas höhere Temperatur schadet nicht, allerdings sollte es dann auch entsprechend hell sein. Die Pflanzen hören dann das Wachsen auf, viele Blätter werden im Herbst braun und die Pflanzen machen eine Ruhepause. Es geht auch ohne, wenn man die Pflanzen mit sehr viel (evtl. künstlichem) Licht durchkultiviert, allerdings sollte dies nur einen Notlösung sein. Kann man den Pflanzen einen passablen Winterplatz geben, kann man zusätzlich noch Schlauchpflanzen kultivieren, z.B. Sarracenia purpurea oder Sarracenia flava, denn diese brauchen unbedingt eine Ruhezeit und kühle Temperaturen. Auch wollen sie im Sommer den hellsten und sonnigsten Platz um schön gefärbte Schläuche zu bekommen. Sehr anspruchslos sind auch noch manche Fettkräuter (z.B. Pinguicula moranensis oder Pinguicula x Sethos), sie gedeihen auch an etwas dunkleren Plätzen und können zur Not auch das ganze Jahr über warm gehalten werden. Somit hat man mit minimalem Aufwand schon viele verschiedene Fallentypen abgedeckt. Wer einen zwar weniger sonnigen aber trotzdem hellen Ort hat kann sich ein kleines Terrarium bauen und es mit den tropischen Kannenpflanzen probieren, die keine Winterruhe kennen. Diese wollen ganzjährig warme Temperaturen und eine sehr hohe Luftfeuchtigkeit (daher unter Glas). Einfache Arten sind Nepenthes alata, Nepenthes ventricosa, Nepenthes maxima und vor allem die Hybriden, die man in den Baumärkten findet.

 

Ich weiß aber immer noch nicht weiter?

Blindwanze sucht auf Taupflanze (Roridula) nach Beute

Meine Homepage sollte noch einiges an Informationen bereithalten, auch gibt es mittlerweile einige hervorragende Seiten im Internet zum Thema, dazu einige sehr gute Foren, in denen auch Experten Frage und Antwort stehen. Eine Auswahl davon findet sich in der Linkliste...
Für spezielle Fragen bin ich auch per Email erreichbar, ich möchte aber darum bitten, sich bei allgemeinen Fragen wie "Muss ich meine Venusfliegenfalle umtopfen?" sich in den Foren, z.B. im GfP-Forum umzusehen. Dort kann man auch mit mehr und schnelleren Antworten rechnen.
Bei speziellen Fragen helfe ich gerne weiter (falls ich kann), aber nach ca. 1000 allgemeinen Fragen in den letzten drei Jahren seit Bestehen der Homepage bin ich es doch etwas müde, immer wieder auf Fragen zu antworten, deren Antwort mit etwas Suche im Internet leicht zu finden wäre.
Man möge mir das bitte nachsehen, denn auch meine Zeit ist begrenzt... 

Ich wünsche jedenfalls viel Erfolg und Spaß mit den Fleischfressern!

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Copyright (c) 2001-2004 Martin Reiner - letzte Aktualisierung 25.08.2004