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SAMMELWUT

"Jippieh, ich habe jetzt auch eine Aldrovanda..."

 

 

"...und wie pflege ich die am besten?"



Das Prinzip bei einigen "Einsteigern" ist es oft, in kürzester Zeit möglichst viele und besonders seltene Arten anzusammeln, um damit seine Bestandsliste zu schmücken.
Niemand scheint noch daran interessiert zu sein, schöne Exemplare von Drosera capensis oder Venusfliegenfallen zu halten, nein, man besorgt sich am besten Arten, von denen man noch nie zuvor auch nur den Namen gehört hat. Denn nur, wenn man seine Bestandsliste mit Utricularia menziesii, Drosera falconeri und Heliamphora folliculata schmücken kann gelangt man möglichst schnell in die elitäre Welt der Karnivoren-Experten.

Oder?

Im Endeffekt wird man sich mit dem Bestreben nach einer Sammlung voller Raritäten zumindest als Anfänger meistens einen Bärendienst erweisen, ich spreche da auch aus gewisser eigener leidvoller Erfahrung.
Auch ich habe vor ein paar Jahren in der GfP-Pflanzenvermittlung das erste Mal in meinem Leben den Namen Drosera neocaledonica gelesen und musste natürlich gleich zuschlagen. Über zwei Jahre lang habe ich mich mit dieser tropischen Art abgemüht, bis ich die Kultur schlussendlich doch aufgegeben habe. Ich hatte einfach nicht die richtigen Voraussetzungen, um mit diese anspruchsvollen Art Erfolg zu haben.

Drosera filiformis

"Erfolgreich kultivieren" bedeutet für mich, dass ich mir eine Pflanze kaufe, diese dann bei mir wächst und gedeiht und ich sie schließlich vermehren und an andere Leute weitergeben bzw. verkaufen kann.
Pflanzen einfach zu "hältern" (<- das ist in der Tat der Fachbegriff dazu) und zuzusehen, wie sie von Monat zu Monat kränklicher werden , um dann schlussendlich einzugehen bereitet einerseits wenig Vergnügen und ist andererseits auch vom finanziellen Gesichtspunkt her nicht gerade zu empfehlen.

Pflanzen als Einweg-Wegwerfartikel zu kaufen und zu ruinieren ist bei Arten aus invitro-Vermehrung (wie z.B. bei den meisten seltenen Nepenthes und Heliamphora) in erster Linie für den Geldbeutel tragisch. Wirklich bitter wird es allerdings, wenn der Unerfahrene sich an Pflanzen oder Samen heranwagt, die möglicherweise nur sehr selten zur Verfügung stehen, z.B. aus einer Sammlung am Naturstandort, und diese dann bei sich vernichtet.
Hier sollte man wirklich abwägen, ob man genügend Erfahrung und die nötigen Voraussetzungen hat, diese Art auch mit einer gewissen Erfolgswahrscheinlichkeit kultivieren und vermehren zu können. Selbstverständlich gibt es niemanden, dem nicht Pflanzen eingehen und selbst Leute mit 20jähriger Erfahrung können genauso Pech haben und die Pflanzen zu Tode pflegen.

Ein besonders "schönes" Beispiel stellen die Knollendrosera dar, die zugegebenermaßen auch mich sehr faszinieren. Leider, und auch hier kann ich aus eigener Erfahrung sprechen, ist es bei sehr vielen Arten fast unmöglich, diese aus Nachzuchten zu erwerben (hier sollte man sich mal die Frage stellen, warum das wohl so ist).
Viele dieser Knollen bekommt man nur über den Import aus Australien und woher viele diese Knollen dann ursprünglich stammen kann man sich mit etwas Phantasie leicht ausmalen. Nun kann und will ich niemandem verbieten, sich solche Knollen zu kaufen (habe ich früher auch gemacht, und jeder muss das für sich selber ausmachen, ob er das "moralisch" vertreten kann), allerdings möchte ich jedem dringend dazu raten, sich bei der Kultur dieser Pflanzengruppe zuerst einmal ein oder zwei Jahre lang an einfachen, auch in Deutschland leicht zu erwerbenden Arten zu versuchen. Hat man bereits Probleme mit Drosera auriculata, D. peltata oder D. menziesii sollte man sich das Geld sparen, seltene Arten aus Australien zu importieren. Die sind dann am Naturstandort sicherlich besser aufgehoben...

Mein allgemeiner Ratschlag zum Aufbau einer Sammlung wäre, es zuerst einmal mit einigen billigen und einfachen Allerweltsarten zu probieren. Hier bekommt man dann ein erstes Gefühl für die elementaren Dinge wie Gießwasser, Substrat, Licht, Überwinterung, erste Erfolgserlebnisse bei der Vermehrung usw...
Danach wird man sich dann sowieso mehr oder weniger auf die Gattungen spezialisieren, die einen am meisten interessieren und bekommt es in dieser Phase dann vermutlich auch mit ersten Misserfolgen zu tun.
Wenn man sich dann etwas Erfahrung angeeignet hat, kann man sich schlussendlich auch an die wirklich superseltenen Arten heranwagen, allerdings sollte man sich vorher wirklich so gut wie nur irgendwie möglich über die Ansprüche dieser Arten informieren. Auch wenn man genau weiß, dass man die Bedingungen nicht perfekt erfüllen kann sind die Verlockungen natürlich sehr groß. Aus diesem Grunde befindet sich beispielsweise auch eine Nepenthes villosa in meiner Liste. Nicht, dass sie sonderlich gut wachsen würde. Bei einer Art, die das ganze Jahr über ca. 3°C in der Nacht erwartet nicht weiter verwunderlich...

Im Endeffekt muss eine Sammlung, die 300 Arten umfasst nicht zwangsläufig "besser" sein als eine mit "nur" 10 Arten, weiterhin heißt es noch lange nicht, dass jemand, bei dem Nepenthes rajah in der Liste steht, diese auch vernünftig kultiviert.
Lieber einige wenige, schöne und gesunde Pflanzen als einen Haufen kümmerlichen Kleinzeugs mit seltenem Namen.

Auch ich kenne diese Verlockungen "noch schnell mal wieder hier eine neue Art und da eine..." und schlussendlich hat man dann eine riesige Sammlung aus mehr schlecht als recht gepflegten Pflanzen, für die man nicht einmal den Platz hätte, sobald sie größer werden. 

Die Kultur von Drosera des petiolaris Komplexes habe ich beispielsweise komplett aufgegeben, da auch diese bei mir nur verkümmerten.

Eine außergewöhnliche Sammlung zu besitzen ist nicht einmal so schwer, gerade bei den Gattungen Utricularia oder Genlisea gibt es nur sehr wenige Experten, auch eine umfangreiche Zwergdrosera-Sammlung dürfte sich doch wesentlich leichter realisieren lassen als eine außergewöhnliche Nepenthes-Kollektion...
Natürlich ist das alles Geschmackssache, aber dennoch, um mich ein letztes Mal zu wiederholen, würde ich jedem "Anfänger" raten, es gemächlich anzugehen und die Finger nicht nach allem Seltenem auszustrecken...

Einen interessanten englischen Artikel zum Thema von "Sundew-Matt" gibt es unter www.geocities.com/sundewmatt/responsible.html

In diesem Sinne...

happy growing!

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Copyright (c) 2001-2003 Martin Reiner - letzte Aktualisierung 06.06.2003