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VERMEHRUNG


Die Motive sich mit der Vermehrung von Carnivoren genauer zu beschäftigen sind vielfältig. Der eine möchte möglichst viele Pflanzen für das geplante Moorbeet züchten, der andere will Pflanzen zum Tauschen oder Verkaufen bekommen, wieder einem anderen geht es um den Erfolg, sich Pflanzen selber "von klein auf" heranzuziehen und nicht zuletzt ist es bei manchen Arten einfach notwendig, da sie nur sehr kurzlebig sind, wie beispielsweise Byblis liniflora oder die meisten Zwergdrosera.

Es ist aber auch für diejenigen interessant, die sich eine neue Pflanzenart zulegen wollen oder es gar das erste Mal überhaupt mit den fleischfressenden Pflanzen probieren wollen. Denn gerade Stecklinge und Samen sind oft wesentlich billiger und auch häufiger zu bekommen als die ausgewachsenen Pflanzen. Gerade selbst aufgezogene Pflanzen sind auch von Anfang an an die Bedingungen gewöhnt unter denen sie dann als Erwachsene gedeihen sollen. Ganz im Gegensatz zu so manchen Pflanzen aus irgendwelchen meist holländischen "Labors", die unter Einsatz von Düngern und Hormonen möglichst schnell hochgepäpelt werden. Das ist zwar gut für den Verkäufer, da er so schneller sein Geld verdient, nicht aber für denjenigen, der seine gekaufte Pflanze gerne am Leben halten möchte.


Samen :

Die Vermehrung durch Samen hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Sie ist im Regelfall die langsamste Methode neue Pflanzen zu bekommen. Des weiteren ist der Bezug von Samen Vertrauenssache. Es ist praktisch unmöglich festzustellen, ob der Samen auch von der Art ist, die man gekauft hat und wie es mit dem Alter aussieht. Bei manchen Arten keimt der Samen leider sehr schlecht oder erst nach mehreren Jahren(!).

Zum Glück betrifft dies aber nur wenige Arten und gerade unter den Anfängerpflanzen gibt es genügend, welche sich so stark ausbreiten und so gut keimen, daß man sich manchmal am liebsten verwünschen möchte, daß man sich die Art jemals zugelegt hat. Nun ja, manchmal... ;o)

Womit man eigentlich auch schon bei einem großen Vorteil der Saatgutvermehrung wäre. Man bekommt sehr viele neue Pflanzen und das ganze, ohne die Mutterpflanze durch das Abschneiden von Blättern oder Wurzeln zu schwächen. Ich persönlich sehe den Hauptvorteil darin, daß diese Vermehrungsart die einzige ist, bei der man genetisch verschiedene Pflanzen erhält. Je nachdem, wie pfleglich man seine Sämlinge kultiviert, kommt es auch zu einer gewissen natürlichen Selektion, bei der nur die gesündesten und stärksten Pflanzen überleben. Und auch das ist sicherlich im Interesse des Züchters. Gerade seltene und vom Austerben bedrohte Pflanzen wie Drosera regia oder Nepenthes clipeata sollten so oft wie möglich über Samen vermehrt werden, um die Art zumindest in Kultur zu erhalten. Hat man einen genügend breiten Genpool, so kann man die Pflanzen dann möglicherweise irgendwann wieder in der Natur aussetzen, falls es denn nötig und vor allem möglich ist. (Wenn kein Regenwald mehr vorhanden ist, können wir auch keine Nepenthes mehr aussetzen).

Reife Samen an einer
Venusfliegenfalle
Samen einer Kannenpflanze
Nepenthes madagascariensis
Samenkapsel einer Schlauchpflanze
Sarracenia purpurea

Einige generelle Worte zum Samenkauf :

Nur die wenigsten werden beispielsweise den Samen einer seltenen Drosera oder Nepenthes-Art von einer häufigen Art unterscheiden können. Ich kann es zumindest nicht und von daher sollte man nur Samen von Leuten erwerben, denen man trauen kann. Am besten ist es hier oft, einfach zu schauen, wie bereitwillig und wahrheitsgemäß der Verkäufer Fragen zu seinen Samen beantwortet. Manchmal ist es allerdings einfach nur Pech, wenn man von seinen Drosera rotundifolia Pflanzen die Samen erntet, die irgenein Insekt mit einer nahestehenden Drosera anglica bestäubt hat. So etwas kommt bei einigen (wenigen) Arten leider gelegentlich mal vor. Vielleicht erwischt man ja einen Verkäufer, welcher einen freundlicherweise darauf hinweist, daß es sich evtl. um Hybriden handeln könnte. Nun ja, ungewollte Hybridisierung ist bei Freilandkultur leider nicht immer 100%ig vermeidbar.
Des weiteren sollte man sich nach der Keimrate erkundigen und vor allem auch nach dem Alter. Hier gibts wohl einige schwarze Schafe, die irgendwas verkaufen, was im Schrank so rumliegt. Wer Samen von der Venusfliegenfalle im Februar zum Kauf anbietet hat diese vielleicht tatsächlich im Januar von seiner seltsamerweise im Dezember blühenden Pflanze geerntet. Viel wahrscheinlicher ist allerdings, daß der Samen schon einige Monate alt ist und dann je nach Lagerung garnicht mehr oder nur schlecht keimt.


Haltbarkeit von Samen :

Bei vielen Gattungen habe ich keine Ahnung, aber meistens kann man es sich ja überlegen, wenn man weiß, wie die Pflanze am Naturstandort wächst. So keimt ein Nepenthes Samen sobald wie möglich im stets warmen und feuchten Klima und verträgt daher keine längere Lagerung. Ein Knollensonnentausamen wiederrum reift vor dem trockenen Sommer, liegt einige Monate während des trockenen Sommers rum und keimt wenn der feuchte australische Winter kommt. Daher kann man ih schon eine zeitlang aufheben. Roridula wiederrum keimt nach Buschbränden und liegt oft jahrelang herum, bis er zu keimen beginnt.

Bei den Anfängerpflanzen wie Venusfliegenfalle und den subtropischen Drosera sollte man allerdings nur frische Samen kaufen, die maximal einige Wochen alt sind.

Weiterhin ist auch die Keimfähigkeit und die Keimdauer frischer Samen sehr unterschiedlich. Während sie bei den Anfängerarten meist recht gut ist und diese auch schnell keimen, wartet man bei einigen Zwiebeldrosera möglicherweise ein paar Jahre oder man wundert sich über eine Keimrate von 2% bei Roridula dentata Samen. Gerade die kaum verbreiteten Arten keimen meist eher schlecht. (wenn sie leicht durch Samen zu vermehren wären, wären sie auch weiter verbreitet).

Eine ausgewachsenen blühende Pflanze erhält man von Byblis liniflora in 3-6 Monaten, bei den subtropischen, "einfachen" Drosera dauerts meist 6-12 Monate, bei den Knollendrosera rund 3 Jahre, ebenso bei der Venusfliegenfalle. Bei Sarracenien und Darlingtonia sinds meist 4 Jahre. Cephalotus und vor allem Heliamphora brauchen noch um einiges länger und eine seltene Hochlandnepenthes benötigt zwischen 10 und ?? Jahre bis zur ersten Blüte.

Von einigen Arten wird man auch so gut wie nie Samen zu Gesicht bekommen, da entweder kaum blühende Pflanzen in Kultur sind (manche Nepenthes oder auch Drosera schizandra) oder die Kulturplanzen keine Samen ansetzen, oft weil alle Pflanzen von einem einzigen Klon abstammen und daher steril sind.

Bei manchen Arten sollte man sich auch der sehr langwierigen Sämlingsaufzucht bewußt sein, so z.B. bei Cephalotus oder Heliamphora. Auch bei Sarracenien oder Nepenthes empfiehlt sich für Anfänger eher eine kleine Pflanze oder ein Steckling, außer man hat die Geduld und mag solange warten.

An Samen, die nur sehr schlecht keimen, wie Roridula dentata, Byblis gigantea und manche seltenen Knollendrosera sollte man sich auch nur heranwagen, wenn man Erfahrung hat. Sonst ist der Frust einfach viel zu groß.


Noch ein kurzes Wort zum Verschicken von Samen. Leider ist es keine Seltenheit, daß Leute ihre raren Samen einfach so im Tütchen in einen "eineMarkzehn" Brief schmeißen und die Post dann dieses Samen stempelt, quetscht, zerdrückt und was sonst noch alles damit macht. Ist auch schon bei von mir verschickten Samen passiert und ich habe mehr als einmal eine handvoll Brösel in der Hand gehalten. (Besonders ärgerlich, daß selbst botanische Gärten nicht in der Lage sind, ihre Samen zu verpacken). Meiner Meinung nach sollte das Mindeste bei kleinen und häufigen Samen sein, daß man deren Samentütchen zumindest noch mit einigen Lagen Klopapier o.ä. umwickelt. Ich selbst umwickle die von mir verschickten Samen im Regelfall mehrere Millimeter dick mit lockeren Klopapierlagen, verklebe alles verrutschsicher und stecke die Samen dann in einen gepolsterten DIN A4 Brief für 3DM Porto. Das hat als Schutz bisher immer ausgereicht. Auch die Samentüte sollte nicht 100% luftdicht sein, da man sonst Probleme mit Schimmel bekommen könnte. Also welche aus Papier oder anderem luftdurchlässigen Material nehmen, oder in die Plastiktütchen einige wenige kleine Löcher stechen.


Wie sät man am erfolgreichsten aus ?

Da liegen sie nun vor einem. Wer das erste mal eine Tüte mit Drosera capensis Samen oder auch vielen anderen Carnivoren Arten aufmacht, sollte darauf gefaßt sein, erstmal nichts zu sehen. Erst beim zweiten Blick erkennt man die manchmal sehr sehr winzigen Samen, wenn man sie nicht schon vorher versehentlich ausgeschüttet oder weggeblasen hat. Also Vorsicht beim Öffen der Tütchen !

Nun spätestens sollte man sein Substart vorbereiten, denn man sollte die Samen nicht noch wochenlang rumliegen lassen, falls die Jahreszeit gerade günstig ist. Frühling und Sommer ist meist der beste Zeitpunkt. Ich verwende stets das gleiche Substratgemisch, das ich für die erwachsenen Pflanzen auch benütze, einzig allzu grobe Stückchen sollte man herausnehmen. Andere empfehlen auch mal reines Perlite oder irgendwelche anderen Sachen, ich hab das einmal probiert und mir ist es ständig ausgetrocknet. Daher war bei mir der Erfolg gleich Null.
Man mischt sich also was zusammen, was man für richtig hält oder verwendet als Anfänger die Karnivoren-SpezialErde von Carow&Wrono, die es manchmal in Baumärkten mit Fleischfressern zu kaufen gibt. Viele Sonnentauarten (Drosera capensis, aliciae, venusta, spatulata, usw...), die Venusfliegenfalle und auch Sarracenien und Cephalotus keimen und wachsen auch recht gut auf reinem ungedüngten Weißtorf, ich mische allerdings immer etwas groben(!) Quarzsand darunter. Bei Drosera regia, den Knollendrosera, Drosophyllum und Byblis empfiehlt sich auf alle Fälle eine starke Sandbeimischung. Ich verwende meist Einzeltöpfe und säe nur eine Art in einen Topf. (Byblis liniflora und Drosophyllum sollten bereits in die endgültigen Pflanzgefäße gesät werden, da man sie nicht umtopfen kann. Siehe auch bei den Beschreibungen zu den Arten.) Nun macht man eine halbwegs ebene Oberfläche und feuchtet das Substrat gut an. Gerade reiner trockener Torf nimmt nur sehr schwer Wasser an, blöd, wenn man das merkt, nachdem die Samen schon draufliegen. Dann streut man die Samen darüber, manche machen das nach einem System, was zumindest theoretisch besser ist, da die Pflanzen dann gleichmäßiger verteilt sind und man ungewollte Keimlinge evtl. leichter entdeckt. Ich jedenfalls bin kein besonders ordnungsliebender Mensch und verstreue sie einfach irgendwie im Topf. Man sollte sich von den feinen Samen nicht täuschen lassen und zu dicht säen. Mir passiert das leider auch immer, die Pflanzen können aber kaum wachsen, wenn sie zu dicht zusammengedrängt aufgehen. Ganz wichtig ist, daß man die Samen nicht mit Substrat bedeckt, da meines Wissens die meisten Carnivoren Lichtkeimer sind. Man sollte sie höchstens etwas andrücken oder vorsichtig mit Regenwasser von oben angießen. Eine hohe Luftfeuchtigkeit führt meist zu besseren Ergebnissen und verhindert auch zu rasches Abtrocknen der Substratoberfläche und damit der Samen. Entweder hat man noch Platz in einem luftfeuchten Terrarium oder aber man spannt eine Frischhaltefolie darüber, wobei natürlich zwischen Folie und Substrat noch mindestens einge Millimeter Platz sein sollten. Sehr wichtig ist es, einige Löcher in die Folie zu schneiden, damit frische Luft hineinkann, denn sonst hat man mit sehr großer Wahrscheinlichkeit verschimmelte Samen. Die Folie wird entfernt, sobald sich die ersten Keimlinge zeigen. Es geht aber bei Venusfilegenfalle & Co auch ohne Folie, man muß halt dann öfters von oben her vorsichtig nachgießen. Ich persönlich stelle die Töpfe während der Keimphase meist in ca. 5mm Anstaubewässerung an einen sehr hellen und nicht zu kalten Platz, der allerdings mittags keine direkte Sonne abbekommt. Gerade unter der Folie wird es sonst leicht zu heiß. Nach der Keimung schützt man die kleinen Pflänzchen noch vor extrem starker Sonneneinstrahlung, kultiviert sie aber sonst ähnlich wie die Großen.

Manche Arten brauchen eine Sonderbehandlung, so sollte man die Töpfe mit Sarraceniensamen erstmal einige Wochen oder Monate in den Kühlschrank stellen, um so den Winter zu simulieren. Dort werden keimhemmende Stoffe abgebaut und sobald man die Samen im Frühjahr dann warm und hell stellt, beginnen sie zu keimen. Kunstlicht eignet sich sehr gut, ein helles Fensterbrett tuts während der sonnigen Monate meist aber auch. Samen von Roridula keimen besser, wenn man sie einige Tage nach der Aussaat mit 60°C heißem Wasser übergießt. Manche Samen, wie z.B. die von Byblis gigantea wollen mit Gibberelinsäure (einem teuren Wachstumshormon, das man als Privatperson nur schwer bekommt) vorbehandelt werden, damit sie überhaupt keimen. Aber dazu steht dann mehr bei den Beschreibungen der Arten.
Sämlinge von
Venus-FF und Sonnentau
1 Jahr alte
Sarracenia rubra
4 Wochen alte
Byblis liniflora
Das linke Bild zeigt ca. 6 Monate alte Sämlinge von Drosera aliciae, Dionaea muscipula und Drosera spatulata (von links nach rechts). Leider habe ich wieder einmal zu dicht gesät, so daß den Pflanzen viel zuwenig Platz zum Wachsen blieb. Man muß sie daher viel eher pikieren. Während die Venusfliegenfallen noch sehr klein sind (mit funktionierenden Fallen !) kann man bei den Drosera schon das eine oder andere größere Exemplar erkennen. Zumindest dort, wo Platz zum Wachsen war.
Die Sarracenia rubra hab ich nicht selber ausgesät, sondern als winzige Pflanze eingetauscht.



Brutschuppen :

Hierbei handelt es sich um eine besondere Form der Vermehrung, die meines Wissens nach unter den Carnivoren nur von den Zwergsonnnentauarten praktiziert wird. Diese produzieren im Herbst (vermutlich durch kürzer werdende Tageslichtlänge hervorgerufen) in der Mitte anstelle neuer Blätter Unmengen von kleinen "grünen Kugeln". Diese sind reif, wenn sie sich bei leichter Berührung bereits von der Pflanze lösen. Manche springen sogar regelrecht davon.
Es handelt sich dabei um eine vegatative (ungeschlechtliche) Vermehrung und nicht um Samen. Brutschuppen können nur sehr kurz gelagert werden (am besten in einem feuchten Tuch in einer Plastiktüte) und sollten sobald als möglich "ausgesät" werden. Einfach auf die Oberfläche des Substrates legen, evtl leicht andrücken und feucht und hell stellen. Frische Brutschuppen treiben nach wenigen Tagen mit sehr hoher Erfolgsrate aus und wachsen recht schnell zu "großen" Pflanzen heran. Sie sollten stets in das endgültige Kulturgefäß ausgestreut werden, da sich Zwergdrosera nur sehr schlecht umsetzen lassen und viele Arten dabei absterben.
Die durch Brutschuppen vermehrten Arten sind allesamt genetisch identische Klone der Mutterpflanze. Dies ist ein Grund, warum von einigen Arten möglicherweise nur ein oder sehr wenige Klone in Kultur sind und diese Arten daher keinen Samen ansetzen.

Mehr Informationen sind unter Zwergdrosera zu finden.


weitere Vermehrungsarten (Kindel, Blatt-, Trieb- und Wurzelstecklinge sowie Teilen) folgen irgendwann mal....



Copyright (C) 2001 by Martin Reiner - letzte Aktualisierung 01.11.2001